23. Juni 2015

Kuoni - Neustart

Kuoni ist ein global aufgestellter Dienstleistungskonzern aus der Reisebranche, der einen großen Teil des Umsatzes in Asien generiert (bitte im Hinterkopf behalten, denn alle Umsätze werden in Schweizer Franken umgerechnet, was bei der aktuellen Frankenstärke Auswirkungen hat). Wie das Wort ‚Neustart‘ im Titel dieses Posts impliziert, steht Kuoni vor einer radikalen Veränderung: das Reiseveranstaltungsgeschäft (Outbound) wird abgestoßen – in der Vergangenheit immer eine Säule des Kuoni-Geschäftsmodells (Umsatzanteil 2014 ca. 40%). Die folgende Grafik gibt einen Überblick über die neue Segmentstruktur des Kuoni-Konzerns:

Segmentstruktur


Quelle: Investor Relations

Ich habe mir Kuoni schon in der Vergangenheit öfters angesehen, auch wenn ich nie investiert habe. Der Hauptgrund war immer der, das ich das Outboundgeschäft als relativ unattraktiv angesehen habe, das in Zukunft ja wegfällt. Jetzt, da der Verkauf beschlossene Sache ist, und der Aktienkurs aufgrund von (wie ich meine) temporären Problemen im operativen Geschäft auf unter CHF 300 gefallen ist, habe ich eine Position aufgebaut.

Ich habe versucht, die Geschäftszahlen der letzten Jahre mithilfe der oben beschriebenen Segmentstruktur neu zu ordnen. Die Zahlen stammen aus den Geschäftsberichten, wobei nicht vergessen werden sollte, dass diese von Kuoni selbst nicht so angegeben wurden, und es in den letzten Jahren auch zu Akquisitionen und Geschäftsverkäufen gekommen ist.

Umsatz & Margen (Mio. CHF, Margen: r.S.)

Quelle: Geschäftsberichte
Die Differenz zwischen der operativen und der EBIT-Marge erklärt sich so, dass ich für die operativen Ergebnisse Einmaleffekte (z.B. Gewinne und Verluste aus Geschäftsdispositionen, Goodwillabschreiber u.a.) sowie Amortisationen auf akquirierte immaterielle Vermögenswerte herausgerechnet habe. Diese Amortisationen betreffen hauptsächlich Trademarks – Assets, die theoretisch im Laufe der Zeit an Wert gewinnen, und daher nicht abgeschrieben werden sollten. Diese Amortisationen haben folglich keinen ökonomischen Sinn – ein Blick in die Kapitalflussrechnung bestätigt (meiner Meinung nach) diese These. Ich glaube, dass die oben abgebildete operative Marge ein besserer Indikator für die Qualität des Grundgeschäfts ist, als die EBIT-Marge (mit drastischen Auswirkungen auf die Owner Earnings, später mehr dazu).

Wenn wir das Outbound-Geschäft (wird eben verkauft) aussen vorlassen, stellen wir fest, dass vor allem das Global Travel Services (GTS) Geschäft mit Umsatzrückgängen zu kämpfen hat. Die Hauptgründe dafür sind eine geringere Nachfrage aus Japan (Abwertung des Yen, Erhöhung der Konsumsteuer), der hohe Franken (wie gesagt, alle Umsätze werden in Franken umgerechnet) und eine Reihe von Reisewarnungen aufgrund von politischen Unruhen weltweit. Probleme, die sich (hoffentlich) wieder legen. Das Global Travel Distribution (GTD) Geschäft zeigt robustes Wachstum (ca. 10% p.a. in den letzten beiden Jahren). Das VFS Global (VFS) Geschäft zeigt sogar noch stärkeres Wachstum, was jedoch in obiger Grafik kaum auffällt, da der Beitrag zum Konzernumsatz nur ca. 5% beträgt. Der Blick in die Gewinnzusammenstellung nach Segmenten weiter unten wird jedoch zeigen, das dieser Geschäftsbereich die eigentliche Perle im Kuonikonzern ist.

Geschäftsmodell

In Zukunft wird Kuoni drei Geschäfte betreiben – GTS, GTD und VFS. Die Positionierung im Markt sieht Kuoni wie in folgender Grafik abgebildet. Dieses Bildchen ist auf den ersten Blick jedoch schwer zu interpretieren, weswegen auch eine Kurzbeschreibung der Geschäftsfelder und jeweils ein kurzer (von Kuoni veröffentlichter) Film folgt.

Marktpositionierung

Quelle: Investor Relations
Aus dem Geschäftsbericht:

„Global Travel Services (GTS, bestehend aus Group Travel Experts und Destination Management Specialists [DMS]) bietet Destinationsdienstleistungen in den Bereichen Unterkunft, Transport, Ausflüge und Aktivitäten, Veranstaltungs- und Event-Management an. GTS ist die Nummer 1 im wachsenden Markt für Gruppenreisen und wickelt jährlich 50 000 solcher Reisen ab. GTS generiert 60% seines Umsatzes in den Quellmärkten des asiatischpazifischen Raums.“

Hinzuzufügen ist, dass Kuoni gerade im Bereich Gruppenreisen aus Asien stark ist – ein wachsender Markt aufgrund der neuen Mittelschicht, die Reisen will, und für die erste Reise gerne eine Gruppenreise bucht. Ausserdem sind in Asien Reisebüros (die eigentlichen Kunden von GTS/Kuoni) aufgrund der Unerfahrenheit der Reisenden noch viel stärker vertreten als in westlichen Ländern. Dies wird wahscheinlich noch eine Weile so bleiben.

Zwei Videos, die das Geschäftsmodell etwas einfacher erklären (Youtube):



GTD

„Global Travel Distribution (GTD, zuvor FIT), als Branchenpionier ein führender, weltweit tätiger Grossist und Anbieter von Hotelübernachtungen sowie weiteren Reisedienstleistungen im Business-to-Business-Bereich, verfügt über langjährige Erfahrung und verkauft online täglich rund  38 000 Hotelübernachtungen. GTD generiert 43% seines Umsatzes in den wachstumsstarken Quellmärkten Asiens, im Mittleren Osten und Afrika.“



VFS

„VFS Global, der global führende Visa-Dienstleister, betreibt inzwischen für 45 Regierungen 1 486 Antragcenter in 120 Ländern und schätzt den entsprechenden Marktanteil am weltweiten Geschäft auf 50%. VFS Global erzielt beinahe 70% seines Umsatzes mit Antragstellern aus dem asiatisch-pazifischen Raum.“



Anzmerken ist, dass VFS nicht die Entscheidung trifft, ob ein Antragssteller eine Visum bekommt, sondern nur das administrative Drumherum übernimmt. Die komplizierten Visabestimmungen weltweit ermöglichen also ein lukratives Geschäft für Kuoni. Das Geschäft ist durch hohe Eintrittsbarrieren geschützt, was vor allem auf hohe Sicherheitsstandards und Referenzen auf bestehende Kontrakte begründet ist. Konkurrenten, die in den Markt wollen, müssen einige Jahre des Verlustes durchhalten. Kuoni beherrscht nach Eigenangabe ca. 50% dieses Marktes und ist einer der Pioniere im Outsourcing dieser Visa-Dienstleistungen (Start von VFS im Jahr 2001).

Visa outsourcing market

Quelle: Investor Relations
References - contracts

Quelle: Investor Relations
Gewinn

VFS besticht durch deutlich höhere Margen als die anderen Geschäftsbereiche, was auf die starke Marktstellung zurückzuführen ist. Deswegen ist der Gewinnbeitrag zum Konzern auch wesentlich höher als der Umsatzbeitrag.

EBIT Zusammensetzung (Mio. CHF)

Quelle: Geschäftsberichte
Core business beinhaltet VFS, GTD, GTS und konzernübergreifende, nicht zuordenbare Kosten. EBIT zusätzlich Outbound, die Amortisationen (wie vorher besprochen), One-offs und Eliminationen. Wie bei den Umsätzen zeigt sich, dass GTD und VFS ein schönes Wachstum aufweisen, während GTS Probleme hat (mit denselben Begründungen).

Bewertung

Die Marktkapitalisierung (Aktienkurs * -Anzahl) beträgt momentan gut eine Millarde Franken. Die operativen Gewinne werden recht bald Richtung 130 Mio. Franken steigen (Wachstum GTD und VFS, Erholung GTS) auch wenn das Nettoergebnis 2015 durch den Verkauf des Outboundgeschäftes verhagelt werden dürfte.

Die Finanzverschuldung ist recht moderat, Kuoni verfügt über höhere Cashbestände als Schulden. Das Unternehmen arbeitet mit einem stark negativen Working Capital, das den (das Eigenkapital übersteigenden) Goodwill in der Bilanz finanziert.

Im Grundgeschäft (VFS, GTD und GTS) ist der Goodwill gerechtfertigt. Der Goodwill für das Outboundgeschäft wird von dem realisierbaren Verkaufserlös abhängen, weswegen ich auch von einer Ergebnisverhagelung 2015 ausgehe –siehe hier (finanzen.ch). Wenn wir uns das Ergebnis 2015 in obiger EBIT-Zusammenstellung vorstellen, können wir also von einem großen dunkelblauen Balken im negativen Bereich ausgehen. Allerdings gehe ich von einer wieder steigenden braunen Linie aus, was für die längerfristige Bewertung wichtiger ist.

Kennzahlen je Aktie

Quelle: Geschäftsberichte
Die Kennzahlen Gewinn, Dividende und Free Cash Flow (operativer CF minus Capex) pro Aktie dürften den meisten Lesern bekannt sein. Die Owner Earnings (OE) pro Aktie ist eine Schätzung von mir, basierend auf diesem Artikel (Owner Earnings) und unter Herausrechnen der one-offs und der Amortisationen, wie oben beschrieben. Ich denke diese Kennzahl zeigt recht gut, was eine umgebaute Kuoni verdienen kann, wenn der Verkauf des Outboundgeschäftes abgeschlossen und die Restrukturierungen getan sind. Die normalisierte Ertragskraft schätze ich auf etwa CHF 25 pro Aktie, und das mit Wachstumspotenzial. Ein Kurs von CHF 280 pro Aktie (KGV ca. 11) scheint mir für dieses hochrentable Geschäft sehr günstig zu sein.

Wie eingangs erwähnt habe ich eine Position aufgebaut, und zwar mit einem Kursziel von zumindest CHF 350. Der Verkaufspreis des Outboundgeschäftes wird außerdem (auch bei Verkauf mit Verlust) einen ordentlichen Batzen Geld in die Kassen spülen. Damit sollte Kuoni in der Lage sein, den einen oder anderen strategischen Zukauf für die drei verbleibenden Geschäftsbereiche durchzuführen.

15. Juni 2015

Update – Juni 2015


Der letzte Beitrag liegt schon eine Zeit zurück, was hauptsächlich daran liegt, dass ich samt Familie umgezogen bin (inklusive vorheriger Renovierung) und deswegen kaum Zeit für den Blog aufbringen konnte. Im Wikifolio hat sich von der Zusammensetzung her seit dem letzten Update bis letzte Woche nicht viel getan, das bestehende Portfolio hat allerdings eine schöne Performance hingelegt, und das trotz über 20% Cash-Quote.

Zwei Verkäufe habe ich durchgeführt:

  • Ich habe einen Teil der Voestalpine Aktien mit einem schönen Gewinn verkauft, weil der Kurs langsam meiner Einschätzung des fairen Wertes entspricht. Ich werde die Position je nach Kursverlauf evtl. weiter reduzieren.
  • Ich habe den ganzen Bestand an Deutsche Bank Aktien verkauft. Meine These ist nach über einem Jahr Haltezeit nach wie vor weit davon entfernt aufzugehen. Es wird langsam immer klarer, dass die Probleme um einiges größer sind, als anfangs angenommen. Auch mit der Strategie bin ich nicht einverstanden. Der Vorstand hat drei Varianten diskutiert und sich für die meiner Meinung nach schlechteste Option entschieden: eine komplette Universalbank oder eine Aufspaltung in die zwei Bereiche Privatkunden und Investmentbanking wären dieser Wischi-Waschi-Entscheidung mit dem Verkauf der Postbank vorzuziehen gewesen. Des Weiteren kommt hinzu, dass (im Gegensatz zur Bank of America) die Eigenkapitalrendite nicht einmal dann ein zufriedenstellendes Niveau erreicht, wenn man alle negativen „Einmaleffekte“ aus der Gewinn- und Verlustrechnung herausrechnet. Ganz nach dem Motto „Time is the friend of the wonderful business, the enemy of the mediocre“, gebe ich diese Spekulation auf. Verlust laut Wikifolio: 10,6%.

Zinsen & Märkte

Eigentlich schreibe ich nicht gerne über dieses Thema, obwohl ich es studiert habe (vielleicht auch deswegen?). Aber langsam hat es den Anschein, dass die Zentralbanken die Kontrolle über die Zinsen verlieren – diese drehen, zumindest in einem ersten Ansatz, nach oben, obwohl noch keine wesentliche  Zentralbank die Leitzinsen erhöht hat. Wenn man den langfristigen Zinszyklus betrachtet, darf man sich natürlich fragen, wie viel Kontrolle die Zentralbanken je hatten? Aus der Finanz und Wirtschaft vom 6. Juni 2015:


Zinsen & Shiller KGV

Für mich ist relativ klar, dass die Zentralbanken nur den kurzfristigen Zinszyklus beeinflussen können, nicht den langfristigen. Interessant ist vor allem das Shiller KGV im Verhältnis zu den Zinsen – zumindest der S&P 500 ist im historischen Vergleich demnach alles andere als günstig. Das letzte Mal als die Zinsen am Tiefpunkt waren, war das Shiller KGV deutlich niedriger – auch wenn man Bedenken sollte, dass damals Krieg war. So schlimm kommt es hoffentlich nicht, auch wenn Spannungen zu spüren sind. Ich empfehle erneut den Film How the Economic Machine Works von Jonathan Jarvis bzw. Ray Dalio (Youtube), und fühle mich derweil mit einer etwas erhöhten Cash-Quote nicht ganz unwohl. Auch weil es diesmal wirklich so aussieht als ob die „Institutionen“ langsam dazu bereit sind, die Griechenhilfe einzustellen.