25. September 2012

Immofinanz


Die Immofinanz (ISIN: AT0000809058) hat heute die Zahlen zum ersten Quartal veröffentlicht (Geschäftsjahr endet am 30. April). Die operativen Zahlen sind nicht schlecht ausgefallen, allerdings ist der Gewinn relativ deutlich zurückgegangen – Hauptgrund dafür sind Bewertungs- /Währungsschwankungen.

Die Immofinanz ist durch eine Reihe von Problemen gegangen, allen voran stand ein Skandal, über den der Leser sich selbst informieren darf – Material dazu gibt es über Google genug zu finden. 2009 hat Eduard Zehetner als CEO übernommen,  der davor auch schon die RHI wieder auf die Beine gebracht hat. Bisher hat er den Konzern gut saniert, und 2010 auch mit der bis dahin ebenfalls börsennotierten Immoeast fusioniert. Er fällt immer wieder durch Käufe von Aktienpaketen des Unternehmens auf – was ich als vertauensfördernd beurteile.

Die Renditen, die mit Immobilieninvestments erzielt werden können, sind prinzipiell nicht allzu hoch. Dennoch sind sie sehr beliebt, und börsennotierte Immoblienunternhemen sind (momentan) meiner Meinung nach die billigste Möglichkeit in Immobilien zu investieren. Hier die Zahlen der Immofinanz, seit der neue CEO  im Amt ist (nach dem Skandal):


Durschnitt
2012
2011
2010
ROE
4,9%
4,9%
6,1%
3,8%
ROA
1,9%
2,2%
2,7%
0,7%

Für diejenigen, die gerne mit DCF bewerten: Meiner Meinung nach sind die Mieteinnahmen (ein Großteil des Umsatzes) relativ stabil, was einen niedrigeren Diskontfaktor zulassen würde, als bei anderen Aktien, Garantie übernehme ich dafür natürlich keine. Ich komme mit einem einfachen Reverse DCF auf EUR 4,7/Aktie, was etwas unter dem Buchwert/Aktie liegt.

Prinzipiell denke ich, dass die Immofinanz ein ganz passables Immobilieninvestment sein könnte, ich tue mir nur schwer damit, mit den eingangs erwähnten Bewertungs-/Währungsschwankungen umzugehen.

Wenn die Bilanz eine Aussagekraft hat – und das hat sie wohl, zumindest die Bilanzen seit 2010 - dann würde ich sagen, der Kurs müsste näher am Buchwert liegen als er es momentan tut. Die Differenz ist momentan so groß, dass ich eine ausreichende Sicherheitsmarge sehe, und deswegen auch investiert bin.

Aufgrund der niedrigen Eigenkapitalrenditen, kann ich die Immofinanz nicht als Langfristanlage einstufen. Sie ist mehr eine Wette darauf, dass sich Kurs und Buchwert langsam angleichen – auch ausgelöst durch langsam wiederkehrendes Vertrauen seitens der großen Investoren. Und da der Konzern in der Zwischenzeit eine ordentliche Dividende zahlt (letztes Jahr 10, heuer 15 Cent), kann ich auch noch eine Zeit lang warten.

Gestern (24.9.2012) wurde übrigens ein Aktienrückkauf in Höhe von EUR 50 Mio. beschlossen, was angesichts des niedrigen Kurses sinnvoll ist, wenn der Effekt auch wahrscheinlich bescheiden sein wird.

Meinungen zur Immofinanz?


12. September 2012

Vienna Insurance Group

Nachdem ich zwei Portoflios auf wikifolio.com habe, beginnen wir zuerst mit einem Kommentar zu einem Unternehmen, das in beiden Portfolios vertreten ist:

Vienna Insurance Group (VIG, AT0000908504). Hier geht es zum Konzernprofil: http://www.vig.com/de/vig/konzern/profil.html.

Prinzipiell versuche ich Versicherungsgeschäfte so zu analysieren wie Warren Buffett. Denjenigen die sich dafür interessieren, empfehle ich seine Geschäftsberichte zu lesen, abrufbar hier: 

Kurz gesagt: es geht um ‚Underwriting Profits‘. Warum? Wie bei jedem Finanzunternehmen, ist die wichtigste Komponente die Differenz zwischen den Kapitalkosten für Fremdkapital und der Anlagerendite die auf die Finanzanlagen verdient wird. Wobei niedrige FK-Kosten hohen Anlagerenditen vorgezogen werden, da letzteres meist mit erhöhtem Risiko einhergeht.

Versicherungen haben zwei große Einnahmequellen: Versicherungsprämien und Einnahmen aus Finanzanlagen. Davon werden Versicherungsleistungen und operative Kosten abgezogen, und wir landen beim Vorsteuerergebnis (EBT).

Die Aktivseite der Bilanz besteht zum Großteil aus Finanzanlagen, die eine Rendite erzielen, während die Passivseite zum größten Teil aus versicherungstechnischen Rückstellungen besteht. Diese sind keine zinstragenden Verbindlichkeiten, dennoch werden Fremdkapitalkosten dafür fällig (und sie sind eine Annäherung an das was Buffett ‚Float‘ nennt).

Was genau sind diese Kosten? Laut Buffett nichts anderes als der Underwriting Profit. Er untereilt das Vorsteuerergebnis in den Anteil, der aus Finanzanlagen kommt, und den Anteil, der aus dem Versicherungsgeschäft (eben ohne das Finanzanlageergebnis) entsteht. Das letztere ist der Underwriting Profit, welcher bei einem Großteil der Versicherungen negativ (also ein Verlust) ist. Umso höher dieser Verlust ausfällt, umso höher sind die Kosten für den Float (das Fremdkapital). Sinkt die erreichte Rendite aus Finanzanlagen auf die Höhe des Underwriting Profit (der Floatkosten), bleibt ein Gewinn von Null über. Das ist besonders in einem Niedrigzinsumfeld wie heute leicht vorstellbar. Umso wichtiger ist der Underwriting Profit, der in erster Linie durch konservatives Schreiben von neuen Versicherungen positiv beeinflusst wird - sprich, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass die anfallenden Versicherungsleistungen und operativen Kosten durch die laufenden Prämieneinnahmen gedeckt werden können.

Einfaches Rechenbeispiel:

1
Prämieneinnahmen
1000
2
Finanzergebnis
200
3
Schadensfälle
-900
4
operative Kosten
-170
5
EBT
130

Underwriting Profit
(5-2) oder (1+3+4)
-70


Was der Wahnsinn an der Sache ist: Bei einem positiven Underwriting Profit  entstehen negative Floatkosten. Die Versicherung wird dafür bezahlt, Fremdkapital zu halten. 
(Das ist wie wenn wir EUR 100 ausleihen, dafür Geld bekommen, und zu, sagen wir, 3% relativ risikoarm investieren können - Leverage.)
Dies ist eines der größten Geheimnisse von Warren Buffett. Sieht man sich die Bilanzen (bzw. GuV’s) von Berkshire Hathaway an, stellt man fest, dass das Unternehmen in den letzten 9 (!) Jahren durchwegs weniger als Null Prozent für den Float bezahlt hat, da der Underwriting Profit immer positiv war.

Der Haken an der Sache: es kommt nur selten vor, dass man Versicherungen findet, die das erreichen. 

Schauen wir uns nun die Vienna Insurance Group an. Wir konzentrieren uns auf die Bereiche Schaden/Unfall und Krankenversicherung, da der Bereich Lebensversicherung etwas anders funktioniert (das ist allerdings der anteilsmäßig größte Konzernbereich). Die Rohdaten (EBT und Anlagergebnis) stammen aus den Konzernberichten (Segmentberichterstattung), die anderen Werte sind von mir berechnet.

Alle Zahlen in Mio. EUR (außer Prozentzahlen natürlich):
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Wir haben hier also ein Unternehmen vor uns, das, zumindest in den Bereichen Schaden/Unfall und Kranken, Underwriting Profits erwirtschaftet. Sprich Fremdkapital für 0% Zinsen bekommt (oder weniger, wenn man so will).

Zum Bereich Leben werde ich vielleicht irgendwann auch einen Kommentar abgeben, derweil kann ich nur sagen, dass ich darin zumindest kein allzu großes Risiko sehe.

Die VIG ist in Osteuropa aktiv (etwa die Hälfte des Geschäfts, die andere Hälfte findet in Österreich statt), und die Frage ist, ob wir dort investieren wollen. Die VIG selbst sieht ausreichend Wachstumspotential. Aus dem Geschäftsbericht:

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Marktposition nach Ländern:

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Ausserdem betreibt die VIG eine strategische Partnerschaft mit der Erste Group Bank, die ebenfalls in Österreich und CEE aktiv ist. Wieder aus dem Geschäftsbericht:

"Mit der Erste Group hat die Vienna Insurance Group einen starken Partner, der ebenfalls unabhängig und eigenständig agiert, für die gleichen Werte steht und eine ähnliche Wachstumsstrategie verfolgt. Vom langfristigen Kooperationsabkommen für Österreich und CEE, welches 2008 abgeschlossen wurde, profitieren beide Unternehmen gleichermaßen: Versicherungsprodukte der VIG werden über die Erste Group vertrieben, im Gegenzug bieten die Konzerngesellschaften der VIG Bankprodukte der Erste Group an."
Ich für meinen Teil fühle mich wohl damit, VIG-Aktien zu halten, solange diese Underwriting Profits erwirtschaftet. Das KBV ist im Moment bei knapp über 1 (Buchwert/Aktie in etwa EUR 31,50) - ich denke das Unternehmen ist mehr wert.

Noch eine Anmerkung: In der Versicherungsbranche wird gerne mit der Schaden-Kosten-Quote hantiert. Diese ist zwar verständlich, dennoch verwende ich lieber die Buffett-Methode. Erstens, weil die Schaden-Kosten-Quote von jeder Versicherung (und auch von jedem Analysten) unterschiedlich berechnet wird, zweitens, weil man sofort eine ungefähre Ahnung davon hat, was die Kosten für den Float sind.

Kommentare sind willkommen.